Die letzten Sommersonnenstrahlen - Eine Radtour im Frühherbst

Die Radwandersaison neigt sich ihrem Ende. Es ist Oktober geworden und noch einmal schwinge ich mich auf meinen Sattel, um auf der Römer-Lippe-Route die herbstliche Stimmung einzufangen. Dieser Radfernweg ist erst ein gutes Jahr alt. Aber mit seiner Wegführung, seinen Rastplätzen und seiner Beschilderung haben sich die Verantwortlichen offenkundig Mühe gegeben – die Route macht Spaß! Auch das Wetter spielt heute mit: es ist ausgesprochen schön. Morgens ist es zwar noch empfindlich kühl und der feuchte Dunst hebt sich nur mühsam von den Wiesen und Feldern. Doch bald schon bricht die Sonne durch und lässt aus dem zunächst trüben Vormittag einen goldenen Herbsttag werden. Der Laurenz blinzelt durch das herbstlich bunte Laub an den Bäumen und man mag sich gar nicht vorstellen wollen, wie ungemütlich, kalt und nass es bereits in wenigen Wochen sein wird. Doch heute wird das Thermometer noch einmal knapp über die 20° steigen – perfektes Radfahrwetter, um noch einmal in der Natur die Seele baumeln zu lassen. Heute geht es durch den Naturpark ‚Die Haard‘. Die waldreiche und fast gänzlich unbebaute Hügellandschaft nördlich vom Ruhrgebiet verlangt mir einiges ab und immer wieder denke ich an Bruce Willis, der in der fast gleichgeschriebenen Actionfilmreihe den ununterbrochenen kämpfenden Helden mimt. Englisch ausgesprochen klingt ‚Die Hard‘ natürlich auch viel cooler! Aber kämpfen muss ich hier zum Teil auch ganz ordentlich – bergauf und bergab geht es über unbefestigte Pfade durch die bunte Herbstlaublandschaft. Ich versuche durch geschicktes Manövrieren meines Rades die trockenen Blätter mit den Reifen zu treffen. Kratsch – ein Treffer! Kratsch-kratsch – ein Doppeltreffer! Da plötzlich steht ein Fuchs vor mir – mitten auf dem Weg. Erschrocken schaut er mich mit seinen schwarzen Äugelchen an, um dann panisch und schnell im Dickicht des Unterholzes zu verschwinden! Kurze Zeit später dröhnt ein Kreischen und Gejohle durch den Wald. Ich erkenne eine Kindermeute von höchstens achtjährigen Rackern, die ausgelassen wild durch die Haard toben – ein Klassenausflug! Die junge Lehrerin versucht noch hektisch und sichtlich überfordert, die ungeordnete Kinderschar zu warnen: ‚Vorsicht, ein Radfahrer!! Geht zur Seite!!‘ Doch keiner der rennenden, schreienden und laut lachenden süßen Rasselbande scheint diesen Worten wirklich Gehör zu schenken. Ich komme dennoch unbeschadet an ihnen vorbei. Armes Füchslein, so denke ich bei mir, bleib in Deinem Versteck! Das wird gleich sehr aufregend für Dich – aber glaube mir: diese Meute will überhaupt nichts von Dir! Ich kreuze eine Asphaltstraße, die zu einem stillgelegten Bergwerk führt – mitten im Nirgendwo! Der riesige Parkplatz neben dem geschlossenen Eingangstor ist verwaist, Bäume wuchern darauf. Verkehrsschilder am Straßenrand sind kaum noch sichtbar, umgekippte Baustämme ragen auf die nicht mehr gebrauchte Fahrbahn. Früher war auf dieser Straße richtig viel los – heute holt sich die Natur ihr Refugium zurück. Ein wahrlich surrealer Ort! So führt mich mein Weg weiter durch den Wald in Richtung Westen und ein bisschen Wehmut ergreift mein Gemüt. Bald bin ich am Ziel der Reise, bald ist die Radwandersaison endgültig vorbei. Es ist Herbst!